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Kurioses: “Dates”

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Karlsruhe ist die Single-Hölle

Das Leben als Single ist in Karlsruhe nicht ganz so einfach. Es gibt Stimmen, die sagen: Karlsruhe ist die Single-Hölle. Ich widerspreche dem nie, ich nicke meist, minutenlang.

Als ich vor acht Jahren zum Arbeiten in die Fächerstadt zog, war ich zunächst nicht auf Männer-Suche. Deshalb fielen mir die Unterschiede zu Heidelberg erst gar nicht auf. Dort hatte ich studiert, Soziologie mit Politik und Psychologie. Ich muss sagen: Meine männlichen Kommilitonen waren nicht verkehrt. Freigeister, zu Diskussionen geneigt, weltoffen. Mit diesem Männerbild kam ich nach Karlsruhe – und wohnte in Wohngemeinschaften mit Maschinenbauern, Informatikern, Verfahrenstechnikern. Ich lernte dort schnell: Diese alleinstehenden Männer mögen Maultaschen und Pesto. Und sie ziehen Blockbuster Art-House-Filmen vor.

Quantität statt Qualität

Dass in Karlsruhe mit einigen Männern aber irgendwas komplett schräg ist, merkte ich, als ich irgendwann doch ins Dating-Geschäft einstieg. Meine Erkenntnis bereits nach wenigen Monaten: Quantität ist nicht Qualität. Hier gibt es Männer en Maß, aber mit ganz schön viel Knall. Wie? Zwei Beispiele!

Der Physiker

Ihn lernte ich vor einigen Jahren auf einer WG-Party in unserer Küche kennen. Rein optisch: adrett. Groß, sportlich, mit Bart. Dazu kam: Auf WG-Partys ist der Lärmpegel hoch, und nach dem dritten Bier hört man nicht mehr so kritisch hin, was der andere im Detail eigentlich sagt.

Eine Woche später trafen wir uns zum Weintrinken – es war das erste richtige Gespräch. Und es lief thematisch kreuz und quer. Wir redeten über unsere Heimat, wie wir aufwuchsen. Ich erzählte ihm vom Quasi-Bauernhof meiner Eltern und dass meine Mutter immer noch Gänse hat, um die sie sich kümmert. Ich erzählte das ruhig, ohne Witz, ohne Ironie. Der Physiker schaute interessiert, meinte dann: Ah, gut, Gänse. Die könne man ja auch schlachten und aus dem Hals einen Trichter bauen. Der Rest ließe sich dann gut essen. Ja, doch. Das sei eine hervorragende Idee, das Beste, was man mit Gänsen machen könne.

Ich schaute ihn an, wahrscheinlich wie ein Auto. Keine weiteren Details waren notwendig. Wir trafen uns kein zweites Mal.

Der Informatiker

Ihm begegnete ich, als ich noch Volontärin bei einer Tageszeitung war. Wir trafen uns zunächst, weil ich über ihn schreiben sollte. Danach suchte er mich über die sozialen Netzwerke, verfasste eine sehr nette Nachricht – bat um ein Wiedersehen, im privaten Rahmen. Ich sagte zu. Wir verabredeten uns an einem lauen Sommerabend. Ich wolle mich bei diesem Treffen nur unterhalten. Keine Abstürze, keine überschnellen Dinge.

Es war schon verdächtig, dass er mich bereits am Anfang fragte, ob er Ananas-Saft trinken soll. Meine Alarmglocken schrillten. Obacht, Interessenkonflikt. Danach redeten wir aber sehr nett, über den Presseclub, über Parteien, dann kamen wir auf Lieblingswörter. Ich erzählte ihm, dass das Lieblingswort vieles über die Persönlichkeit aussagt. Meines ist Fantasie, sagte ich ihm. Und wie seines ist, wollte ich dann wissen. Er schaute mich an, überlegte kurz und sagte dann: Blowjob. Eiskalt, ohne ein Schmunzeln. Damit war die Romantik futsch, komplett, kein Fünkchen übrig. Ich ging alleine nach Hause.

Seither nicke ich nur noch, wenn mir jemand sagt: Karlsruhe ist die Single-Hölle. Minutenlang.


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